Franziskustreff Jahresbrief 15/16

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 17 für Gespräche ist an diesem Abend wenig. Später gibt es bei den Frauen einen Konflikt zu schlichten, und bei den Männern behauptet einer recht laut, er habe immer diese eine Stelle zum Schlafen gehabt. Der hauptamtliche Helfer kennt solche Auseinandersetzungen schon, und als Neuling stehe ich eher dabei als dass ich eingreifenmuss. Ichbewundere die Ruhe,mit der dieseAufregung angegangenwirdund schließlich auch beruhigt werden kann: Jeder muss auf den anderen Rücksicht nehmen, jeder und jede ist an diesem Abend in der gleichen Situation, alle sind mit verantwortlich, dass diese nächtliche Gemeinschaft bietet, wozu sie eingerichtet wurde, nämlich ein friedliches und sicheres Nachtlager. Konflikte vermeiden. Oder beenden. Pünktlich um 22 Uhr werden die Lichter gelöscht, die letzten kommen noch vom Zähneputzen, ein Mobiltelefon klingelt und erinnert daran, dass nun alle nochmal nachsehen, dass es keine Störung gibt durch Anrufe in der Nacht. Fast hätte ich einen Nachtsegen gesprochen, aber das lasse ich jetzt und spreche leise für alle ein Nachtgebet. Um23Uhr und 0.30Uhr erfolgt einRundgang um die Tagesstätte. Der Kontrollgang ist auch als Signal für die Nachbarn notwendig. Noch längst nicht alle haben sichdaran gewöhnt, dass tagsüberwohnungslose Menschen kommen, geschweige denn nun dort notfallmäßig auch noch nächtigen. In dieser Nacht ist auch draußen alles ruhig. Sven, der Hauptamtliche, erzählt mir, dass dies nicht immer so ist. Wenn es gar nicht anders geht, muss auch schon mal die Polizei gerufen werden, was aber recht selten vorkommt. Jeder mit seinemNamen Um 5 Uhr eine erste Bewegung im Schlafsaal, die sich nach Packen anhört. Grußlos verlässt einer der Männer den Raumund geht, kurz danach eine Frau. Vielleicht scheuen sie die allgemeine Aufbruchstimmung, die entsteht, wenn um 6 Uhr die Lichter aufflammen und die Schlafenden wecken. Eine Stunde ist nun Zeit zur Morgentoilette und zum Packen der Sachen. ImKellerwerdendie grünenKistenwieder aufeinander gestapelt, die Schlafmatten aufgerollt und zusammengestellt. Jede Kiste hat einen Namen, ebenso jede Matte, ein schwacher Versuch, Privatsphäre zu wahren, aber dennoch ein wichtiges Signal an die Betroffenen. Liebe braucht Ordnung Um 7 Uhr verlassen die letzten Gäste den Übernachtungsraum. Viele gehen direkt zumFranziskustreff, wo sie mit einem reichhaltigen Frühstück erwartet werden. In der Bärenstraße heißt es nun, Tische stellen und Stühle, vorher fegen, die Toiletten durchsehen, und alles so bereitstellen, dass derMorgenbetrieb um 9 Uhr wieder aufgenommen werden kann in der Tagesstätte. Um7.45 Uhr dann Ende der Nachtschicht. Unspektakulär und wohlgeordnet. Ich bin zufrieden, dass es sich als richtig erwiesen hat, die Erfahrungen des Lebens im Kloster in die Konzeption dieses Angebotes aufgenommen zu sehen: Klare Regeln, persönliche Ansprache, Einladung an jeden persönlich, Wohlwollen zu üben. Die Winterübernachtung mag wenig nur an Hilfe für den Einzelnen sein. Eingebunden in die anderen Angebote, die der Franziskustreff macht und die anJeder Gast hat seine Nachtsachen in einer namentlich gekennzeichneten Kiste, die Abend für Abend aus dem Keller zum Schlafplatz getragen wird Weihnachten

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