Franziskustreff Jahresbrief 15/16

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015/2016 UNSERE GÄSTE Mein bester Freund UNSERE ANGEBOTE Wenig nur, aber warm UNSERE HELFER Keiner soll hungern

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 2 INHALT 2015/2016 FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 7 3 4 5 8 10 12 13 14 16 18 20 Grußwort Mein bester Freund Warum sein Hund nicht fehlen darf Das lachende Auge ist größer Nach sechs Jahren auf einen neuen Weg Gedenken an die verstorbenen Gäste Bewegender Gottesdienst Heiße Öfen Ein ungewöhnliches Sommerfest Den richtigen Weg für uns alle zeigen Ein Gast ergreift das Wort Eine Ewigkeit, dass ich so etwas hatte Zum ersten Mal wieder selber Schuhe kaufen Heilende Musik für die Seele Osterfeier 2016 Wenig nur, aber warm Eine Nacht mit Gästen des Franziskustreffs Keiner soll hungern Ehrenamtlich engagiert für den Franziskustreff Ausflug der Ehrenamtlichen und Reaktionen im Netz dazu Meditation Gern im Franziskustreff, aber SICHER Fortbildungstage für unsere Mitarbeitenden Das Ding hinterm Ding Mehr als ein Museumsbesuch Ha’m Sie es gehört? Gespräch nach einem Frühstück Überall trifft man Bekannte Ein Gast kann um Hilfe bitten Wer kommt eigentlich zu uns? Zähltag im Franziskustreff Frei und gebunden Ewige Profess von Br. Michael 100 Tage Leitung Ein Interview mit Br. Michael Wechsel in der Leitung Bruder Wendelins Werk bleibt in Kapuzinerhand Spenderbriefe Spendenaktionen Beispiele die für viele andere stehen www.franziskustreff.de neue Internetpräsenz online So helfen Sie mit Impressum 22 24 25 28 28 29 30 31 33 34 36 40 41 42 10 40

3 GRUSSWORT Liebe Leserin, lieber Leser, unerwartet oft leuchtet Freude aus den Gesichtern unserer wohnungslosen und armen Gäste. Zwar finden sich darin auch tiefe Falten auf Stirn oder Wange. Nicht selten sieht man kurze oder längere Narben. Das alles sind sichtbare Zeichen des täglichen Kampfes um einen Überlebensplatz in unserer Gesellschaft. Und doch blitzt zwischendurch bei allem Ernst der Schalk aus den Augen des einen oder anderen. Oder es fällt ein Satz, der im Franziskustreff einen ganzen Tisch zum Lachen bringt. Ich staune öfter, dass bei aller Not, die sich unter dem Kirchturm der Liebfrauenkirche bei uns trifft, sich kein Schwermut breit macht. Schon bevor die Tür geöffnet wird, ist unter denen, die auf den Einlass warten, oft eine heitere Stimmung. Sie wird – das will ich nicht verschweigen – immer wieder gestört durch Miesepeter oder gar aggressive Mitmenschen, die aus lauter Vorwürfen zu bestehen scheinen, die sich gegen „die anderen“ und nicht selten gegen ihre Schicksalsgenossen richten. Dennoch überwiegt die Konzentration auf das eigene Leben, gepaart mit einer Gelassenheit, die auf mich nur manchmal fatal wirkt, im Großen und Ganzen aber echt. Wie eine Strategie, täglich bereit zu sein für einen neuen Anfang. Und den heißt man am besten mit einem fröhlichen Gesicht willkommen. Ihre Anteilnahme am Überlebenskampf unserer Gäste unterstützt unsere Gäste. Lesen Sie in diesem Jahrheft, was die Wohltäterinnen und Wohltäter möglich machen mit ihrer Unterstützung des Franziskustreffs. Seien es persönliche Geschenke, das erste Paar eigener Schuhe seit langem, die unbeschwerte Feier eines Sommerfestes oder der Schritt eines Gastes des Franziskustreffs nach sechs Jahren endlichhinauswieder in ein eigenes Leben: ImFranziskustreff sind wir täglich Zeugen dessen, was die große Gemeinschaft der Spenderinnen und Spender möglich werden lässt. Mit Bruder Michael Wies hat die Deutsche Kapuzinerprovinz der Stiftung einen Kapuziner als Leiter des Franziskustreffs vorgeschlagen, der mit seiner Ausbildung als Diplom-Sozialarbeiter und Diplom-Sozialpädagoge mit Freude das Werk von Bruder Wendelin († 2010) weiterführt. Mit ihm gemeinsam grüße ich Sie und freue mich über Ihr Interesse an unserem, besser: an Ihrem Franziskustreff. Bruder Paulus Terwitte FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 4 Xxxxxxxxxxxx Biene (re.) freut sich, dass unser Mitarbeiter Gregor Merckle auch für sie etwas übrig hat: Weil Herrchen sie braucht und ihr dankbar ist. Mein bester Freund ... Wer wohnungslos ist, schätzt treue Hilfe. Und freut sich, wenn diese auch im Franziskustreff willkommen ist. Gerade komme ich mit demHandwagen zurück, voll beladen mit fein belegten Broten, Kuchen, Bauernbrotlaiben. Das Bistro „Brot und seine Freunde“ rief kurz zuvor an und macht nun mit seiner Spende wie schon öfter auch heute wieder seinem Namen alle Ehre. Als ich in den Innnenhof von Liebfrauen einbiege, sehe ich „Biene“. Und es beginnt, was sich schon eingebürgert hat. Der Hund eines im Franziskustreff wohlbekannten Gastes sitzt vor der Tür. Und nachdem mich Biene echt tierisch begrüßt hat, treffe ich auch bald ihren Besitzer am Frühstückstisch. Ein kurzes Handzeichen zur Begrüßung, und da spricht mich auch schonunsere Bundesfreiwillige an, obwir denn auch heute etwas für Hund und Herrchen dahaben. Bald sind ein Beutel Hundefutter, ein Leckerli und eine abgelaufeneDauerwurst zu einemPäckchen gepackt. Was für ein Lächeln auf dem rauhen, von der Sonne gegerbten Gesicht, das sonst nur von großem Ernst gezeichnet ist … Ein gewohnter Ablauf, fast eine Patenschaft vom Team des Franziskustreffs für Herrchen und Hund. Alles begann, als wir mitbekamen, dass Herr R. sein Frühstück mit seinen besten Freunden teilte. Ja, bis vor nicht allzu langer Zeit waren es zwei, bis durch einen dramatischenUmstand der ältereHund türmte und für immer verschwunden blieb. Wir sind immer neu beeindruckt. Ein Mann wie ein Baum, vom Leben gezeichnet und doch immer bescheiden, dankbar, stets freundlich, mütterlich besorgt um seinen besten Freund. Ein Mann, der mich einmal mitnahm und mir zeigte: Drei Teelichter, zwei Blumentöpfe – das ist alles, was seinen Wohnwagen wärmt. Ein Aussteiger, der seit Jahren auf der Straße und imWohnwagen lebt, begleitet von nun nur noch einem tierischen Freund. Dass er auf großem Fuß lebt, könnten wir gewiss nicht behaupten, wüssten wir nicht, dass er Schuhgröße 47/48 trägt. Dank unserer WeihnachtsSchuhaktion, ermöglicht durch unsere Spender, konnte er sich endlich ein neues Paar Winterstiefel aussuchen. Das neue Jahr allerdings begann ansonsten eher u

5 Unsere Gäste bedrohlich. Zunächst war von Verlust des Stellplatzes für seinen Wohnwagen die Rede. Das konnte in letzter Minute verhindert werden. Dochdann: Herr R. steht kreidebleich vor uns, den Tränennahe und erzählt, dass inderNacht, während er schlief, sein geliebter Wohnwagen durch einen technischen Defekt ausgebrannt sei, alles kaputt. Dass er selbst unversehrt blieb, ist nur „seinem besten Freund“, Biene, zu verdanken. Sie hatte ihn durch Gebell geweckt. Gut, dasswir vomFranziskustreff ihnnoch amselben Tag gemeinsammit seiner „Biene“ in eine Übernachtungsstelle vermitteln und ihn mit dem Nötigsten grundversorgen konnten. Den Wohnwagen haben die beiden mittlerweile wieder bezogen. Gut so. Nicht so gut: Herr R. erzählt uns nun, dass er nahezu taub werde, sein Gehör habe sich im Lauf der Jahre so verschlechtert, dass nur eine OP und Hörimplantate Besserung versprächen, jedoch auch nur bis maximal 20% des Hörvermögens. „Das istmir das Risikonicht wert“ sagt ermir beim Frühstück und bittet mich, beim Sprechen in sein Gesicht zu schauen, damit er von den Lippen ablesen kann. Gregor Merckle t Das lachende Auge ist größer ... Adam G. war einer der ersten, der vor fünf Jahren mit vier „Kollegen von der Straße“ eine Bleibe bezogen hat, die ihm die Spenderinnen und Spender des Franziskustreffs ermöglicht hatten. Heute, am 4. April 2016, ist sein letzter Tag in Frankfurt. Das Gespräch mit ihm führte Bruder Paulus. Die Wohnung schon verlassen? ... schon abgenommen von Bruder Michael. Er war um6Uhr bei uns. Hat den Schlüssel in Empfang genommen. Wie lange warst du jetzt hier? Fünf-sechs Jahre war ich jetzt in Frankfurt. Fünf Jahre habe ich im Kerzenkeller geholfen, damit die Madonna immer frische Opferlichter bekommt. Und dreieinhalb Jahre davon im Franziskustreff im Service. Wie bist du eigentlich hier nach Frankfurt gekommen? Ich war nicht lange hier. Privat hatte ich so viel am Hals gehabt, da, wo ich herkomme. Ich habe mal kurz zu arbeiten versucht über den Franky. Der hatte einen Bekannten, der hat gesagt, hilf uns mal beim Aufbau beim Maifest. Dann habe ich da kurz gearbeitet, dann habe ich gemerkt, das funktioniert nicht, die wollen ja nichts zahlen. Und dann wurde ich obdachlos. Dann habe ich euch angesprochen. Mit Rainer und den anderen wart ihr so eine Gruppe. Ja, irgendwann habenwir hier angefangen bei den Kerzen. Das war so ein nahtloser Übergang. Als der Mehmet noch hier war. Der war dann öfter unpässlich und dann ist mal einer von uns runter, so hat sich das ergeben. Dann ist irgendwann der Michael und der Wolfgang weg. Und dann haben wir das eigentlich komplett übernommen und haben uns das aufgeteilt. Dann bin ich hoch in den Treff gekommen. Da war nichts vorbereitet, kein Frühstück, gar nichts. Zwei Leute sind da rumgerannt. Da habe ich gefragt: Was ist los? Da haben welche abgesagt. Da habe ich gesagt: Ich komme nächste Woche mal zum arbeiten, und sehe wie das ist und wenn hier Not am Mann ist, komme ich und helfe gerne hier aus. So hat das hier angefangen. Das kanntest du ein bisschen. Du kommst eigentlich aus der Gastronomiebranche … Es ist eigentlich ein Klacks gewesen für mich. Dann war ich ganz überrascht, als Regina und Gregor das erste Mal kamen und gefragt haben, ob ich Wir haben uns gegenseitig bereichert“ FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 6 Das letzte Frühstück im Mitarbeiterkreis: Adam G. nimmt Abschied nach sechs Jahren Mitleben im Umfeld von Kapuzinerkloster und Franziskustreff aushelfen kann im Urlaub. Das tut natürlich sehr gut, so einVertrauen. Das hat mir auchwieder mehr Selbstbewusstsein gegeben. Auch mit den Leuten jeden Tag. Man unterhält sich. Das hat mir mindestens, dass habe ich auch zu Regina gesagt, das hat mir mindestens so viel gegeben, wie das was ich gegeben habe. Da haben wir uns wirklich gegenseitig bereichert. Und wie gesagt, natürlich bin ich auch traurig, dass ich jetzt gehe. Aber das lachende Auge ist größer. Weil da was vor mir liegt … Was hast du denn jetzt vor? Ich werde jetzt in die Wohnung eines Freundes ziehen. Der hat mit seinemSchwiegervater einHaus gebaut. Den habe ich vor eineinhalb Jahren zufällig getroffen, wir haben uns unterhalten, sind telefonisch inKontakt gebelieben, dann bin ich einmal im Monat nach Heidelberg gefahren, dann haben wir das abgeklärt, wie könnte das so laufen. Jetzt wohne ich in einer Souterrain-Wohnung bei ihm. Keine große Wohnung. Hast du einen Job jetzt? Ja, in der Gastronomie. Ich habe vorgesprochen bei einem Bekannten, den ich von früher kenne. Der hat eine gastronomische Einrichtung. Er hat gesagt, o.k. zwei-dreimal in der Woche, das reicht eigentlich mal für den Anfang, um dann auch die Miete zu bezahlen. Obwohl er mir angeboten hat, wenn es am Anfang schwerfällt brauchst du keine Miete zu bezahlen. Aber ich fühlemich dann besser, wenn ich Miete bezahlen kann. Der Franziskustreff geht auf BruderWendelin zurück. Hast du den gar nicht mehr kennengelernt? Nein, da war er schon krank. Ich kenne ihn nur vomHörensagen. Dawar er schon imKrankenhaus. Ich habe ihn nie gesehen. Was findest du denn jetzt besonders wichtig am Franziskustreff. Du kennst die Lage als Obdachloser, du hast die Lage kennengelernt, wie wir die Leute bedienen. Was ist das wichtigste für dich am Franziskustreff? Ich kann mich erinneren, als wir einen Ausflug gemacht haben zur Gerbermühle. Da hast du uns da Man merkt, dass der Geist von Bruder Wendelin in den Mitarbeitern weiterlebt“ Unsere Gäste

7 Unsere Gäste Regina Merckle, Leiterin der Hauswirtschaft, ist dankbar, wie Adam G. sich eingebracht hat und immer mehr Verantwortung übernommen hat. Gregor Merckle erläuterte den Inhalt: „Regina hat eine Werkzeugtasche fürs Leben genäht. Zum Beispiel mit einem Maßband: Maß halten, war schon Bruder Wendelins Motto. Und ein Messer: Man muss auch mal Bande durchschneiden, einen scharfen Schnitt tun. Und ein Feuerzeug: Wir wünschen dir Erleuchtung, und, dass du eine Glut entfachen kannst, wenn es mal kalt wird." Kommentar einer Mitarbeiterin: Eine echte Seniorenpackung 50 plus. (Gelächter) draußen hingestellt: Die Bruder Wendelin kennen, und die, die ihn nicht kennen. Ichwar bei denen, die ihn nicht kennen. Da habe ich soWortfetzenmitbekommen vom John, dem Iren. Da hat er gesagt: Man merkt, dass der Geist vom Wendelin in den Mitarbeitern weiterlebt. Das habe ich hier auch so empfunden, obwohl ich ihn nicht gekannt habe. Man wird ganz toll aufgenommen. Was eigentlich wichtig ist im Leben. Respekt und Vertrauen. Das hat man hier immer gespürt. Egal welcher Mitarbeiter. Der einemehr, der andere weniger, aber das ist glaube ich sehr, sehr wichtig hier. So habe ich es auch empfunden als Gast. Ich habe ja angefangen als Gast und das war immer eine tolle Erfahrung. Getoppt hat es das Mitarbeiten hier. Das war wirklich sehr schön. Werden wir dich denn hier mal wiedersehen? Natürlich. Nicht gleich. Erst mal etwas akklimatisieren. Mal gucken wie es läuft und wenn ich Zeit habe, habe ich gedacht, vielleicht schaffe ich es mal überraschend samstags hier zu stehen und zu fragen: Braucht ihr noch jemanden? Ja, vielen Dank Adam! Ich habe auch zu danken. Es war wirklich schön. Einen guten Start wünsche ich dir und, dass du einfach da wieder Fuß fasst – wie du sagst, für die letzten 10 Jahre. Wenn es nicht klappt, habe ich Pech gehabt, wenn ich nichts Festes bekomme. Aber das ist ja das nächste Ziel jetzt, etwas Geld verdienen. Das muss man halt, wenn man alleine ist, eine Wohnung hat, da muss ich gucken, dass ich noch ein paar Mark einsammle, sonst geht es wieder zum Sozialamt. Ist ja klar. Aber das ist Zukunftsmusik. Man weiß nie, was das Leben bringt, das habe ich hier auch gelernt. Das Leben bringt immer Veränderungen. Man muss es positiv anpacken.t Man muss das Leben positiv anpacken“ FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016

Der Gottesdienst wird mit allen Einrichtungen vorbereitet, die armen oder drogenabhängigen Menschen Hilfe anbieten. Bruder Michael las an seinem ersten Arbeitstag als Leiter des Franziskustreffs mit Eugenia, einer ukrainischen Studentin, die im Franziskustreff als Bundesfreiwillige mitarbeitet, Worte der Bibel vor: Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. Ich bin der Herr, euer Gott. Damit seien zuerst jene gemeint, die sich in unserer Gesellschaft aufgrund ihrer Wohnungslosigkeit dauerhaft fremd fühlen. Über 65 Namen wurden dann vorgelesen, und leider mussten auch zwei genannt werden, die namenlos aufgefunden wurden. Ein starkes Zeichen der Gemeinschaft, unterstrichen durch die Anwesenheit von Vertretern der Kirchen und der Politik. t FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 8 Unsere Gäste Gedenkenan die verstorbenenGäste Am 2. November 2015 haben wir in der Liebfrauenkirche unserer Gäste gedacht, die im vergangenen Jahr verstorben sind Der Teichmühlenchor aus dem Wohnheim Teichmühle berührte die Mitfeiernden mit ihren Darbietungen Bruder Michael und Bundesfreiwilligendienstlerin Eugenia lesen einen Bibeltext u

„Wer gelebt hat, war wertvolles Mitglied unserer Gesellschaft,“ wird Bruder Paulus nicht müde, zu betonen. Deshalb ist er auch froh, dass die Stadt Frankfurt festgelegt hat, dass auch für wohnungslose Menschen, die versterben, zur Trauerfeier die Friedhofshalle genutzt werden kann. „Kostendruck darf auch an dieser Stelle nicht an den Ärmsten der Armen ausgetragen werden,“ meint der Vorstand der Franziskustreff-Stiftung. Die Kapuziner haben auf ihre Weise ein Zeichen gesetzt: Neben dem Grab für die Brüder ist nun ein Grabfeld bereit für jene Gäste des Franziskustreffs, die sich über Jahre mit dem einen oder anderen kleinen Dienst an Kloster und Liebfrauenkirche bei den Brüdern eine kleine Heimat geschaffen haben. t 9 Unsere Gäste Bestattung für wohnungslose Menschen Während die Verstorbenen namentlich genannt werden, wird für jeden ein Licht aufgestellt Wenn einer tausend Jahre lang das Leben fragte: "Warum lebst du?" - gäbe es ihm Antwort, es würde nur das Eine sagen: Ich lebe, um zu leben! Das kommt daher, weil das Leben aus seinem eigenen Grunde lebt und aus seinem Eigenen quillt: Darum lebe ich ohne Warum, eben weil es nur sich selber lebt. (Meister Eckhart † 1328) FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 u Die Bestattungskultur ist im Wandel. Leider geht es oft nur noch ums Geld. Wohnungslose und arme Menschen betrifft das wieder einmal besonders stark.

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 10 Sommerfest „Heiße Öfen” mit coolen Typen Zu einem Sommerfest der ganz besonderer Art machten sich unsere Gäste im August 2015 mit dem Zug auf den Weg Die Latin American Motorcycle Association - LAMA – hatte in ihr Clubhaus, einer Scheune in Maintal bei Frankfurt, eingeladen, inklusive Motorrad(mit)fahrt Der Franziskustreff bietet seinen Gästen neben kulturellen Ausflügen auch gesellige Treffen in etwas anderer Atmosphäre. Ein Sommerfest gehört dazu, meistens im Innenhof des Klosters. Doch im August 2015 war alles ganz anders. Eindrücklich erfuhren wir, dass es motorradbegeisterte Menschen gibt, die sich soziales Engagement auf die Fahne geschrieben haben, und das weltweit. Und diesmal in Maintal. Besonders wertvoll: Unsere Gäste gewannen neue Bekannte, und beide, Gastgeber und die Gäste des Sommerfestes, lernten neue Welten kennen. Danke, liebe LAMA’s! u

11 Sommerfest Die Clubmitglieder hatten ein Mittagsbuffett zusammengetragen, ganz nach Hausmacherart. Selbstgemachte Salate und Kuchen, Grill, Kaffee, ... ... und eine Polka mit anschließender Tanzrunde: Für alle ein Tag, der sie die persönlichen Sorgen vergessen ließ Es war ein gemütlicher freier Tag für unsere Gäste mit vielen Gesprächen, und mehr Frau S. überreicht Bruder Paulus eine Blüte: „Ein ExtraDank für Sie und Ihr Team, dass wir diesen Tag erleben dürfen. Geben Sie das auch gern weiter an alle, die das mit möglich machen, dass der Franziskustreff täglich öffnen kann.“ FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016

12 Weihnachten Den richtigen Weg für uns alle zeigen Die armen und wohnungslosen Gäste des Franziskustreffs sagen oft: Danke. Aber vor dem Frühstück am Heiligabendmorgen, hat einer es einmal ausführlich gesagt. Lb. Bruder Michael, Paulus usw., lb. Mitarbeiter des Franziskustreffs. Ich möchte im Namen aller Gäste, die hier ein- u. ausgehen, gezeichnet von der Nacht, die sich hier zu einem Frühstück treffen u. gestärkt danach wieder ihren Weg gehen, sehr herzl. danken, für alle ihre Mühe, die Motivation, u. wenn sie dann ein Lächeln, oder ein par lb. Worte für uns übrig haben, dann fühlen wir uns hier sehr geborgen u. jeder geht seines Weges bis zum nächsten Morgen. Im Namen aller, möchten wir uns hier bedanken u. wünschen Euch allen ein gesegnetes Fest u. ein gutes Neues Jahr! Eine kl. Aufmerksamkeit: Möge dieser Stern, der Betlehemstern, dazu beitragen, den richtigen Weg für uns alle zu zeigen. Allen Gottes Segen! t Der Gast bittet um Ruhe. Nicht leicht, denn alle 32 Plätze sind belegt. Er bittet darum, dass Bruder Michael kommt und die anderen Mitarbeiter. In der einen Hand hält er einen Bethlehemstern, in der anderen diesen Zettel; aufgeschrieben hat er (s. Foto) ihn in einer Obdachlosenunterkunft, wo er bis zum 5. Januar 2016 ein Bett hat - „dann werde ich weiter sehen." Jetzt steht er da, 7.50 Uhr am Heiligen Abend, und hält mit fester Stimme seine Rede: u Herr K., in Not, und doch im Frieden Auf seinem Bett in einer Obdachlosenunterkunft verfasste Herr K. seinen Danktext. (Ein Auszug aus dem Original) FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 13 Weihnachten „Eine Ewigkeit, dass ich so etwas hatte." Obdachlose und arme Gäste des Franziskustreffs gehen sich Schuhe aussuchen Freude unter den Gästen des Franziskustreffs. Nicht nur, weil wir wie in jedem Jahr zu Weihnachten Dank vieler Wohltäterinnen und Wohltäter Geschenkpakete überreichen konnten mit Wunschzettel-Erfüllungen. In diesem Jahr hatten sich zu Weihnachten viele Gäste ein paar winterfeste Schuhe gewünscht. Erstspender machten den Anfang, schenkten einen Gutschein für einen Schuhladen, und Dank weiterer Spenden, die wir erhalten, konnten wir den Rest drauflegen. Bruder Michael und weitere Mitarbeiter des Franziskustreffs gehen mit den Gästen einzeln in den Schuhladen. Schuhe aussuchen, darauf achten, dass sie gut sitzen und wirklich passend sind - unsere Gäste erleben einen Moment jene Freiheit, die sie schon lange nicht mehr hatten. Dass wir sie begleiten, hat auch den Hintergrund, dass es im Einzelfall auch hilfreich ist, mit zu sorgen, dass unsere Gäste gut bedient werden, und sich gut bedienen lassen. „Eine Ewigkeit dass ich so etwas hatte“, sagte einer, nachdem er freudestrahlend ein passendes Paar gefunden hatte. Und ein anderer „Ich hatte keine Erwartungen und jetzt habe ich einen perfekten Winterschuh erhalten. Danke dafür. Wir sehen uns." - was wohl heißen soll: Ich werde Euch im Franziskustreff zeigen, dass ich die Schuhe wirklich trage und sie mir nützen. Und noch ein Beispiel: Vor dem Regal mit Schuhgrößen 41 steht eine Frau, die wir oft am Tisch bedienen und die nun mit Bruder Michael Schuhe einkaufen geht. Sie findet einen passenden Schuh. Schon an der Kasse lächelte sie. Draußen vor dem Geschäft bittet sie Bruder Michael zu warten. Sie kramt aus ihren Tüten die Mappe mit Papieren hervor, zeigt ihren Personalausweis. „Ohne festenWohnsitz" steht da, aber sie will ihr Geburtsdatum zeigen: Am 1. Januar hat sie Geburtstag. „Nicht nur Weihnachtsgeschenk. Für mich auch mein Geburtstagsgeschenk," packt den Ausweis wieder weg, und stapft davon. Immer noch mit der Freude im Gesicht über dieses unverhoffte Hoffnungszeichen für ihr Leben. t u Zweifach ein Geschenk“ Sichtlich bewegt zeigt ein Gast nach dem Einkauf mit Bruder Michael: Das ist mein Paar neue Schuhe! Schuhe einkaufen gehen: Das ist für unsere armen Gäste schon lange her, dass das möglich war u

16 Kooperationen Wenig nur, aber warm Bruder Paulus berichtet von einer Nacht in der Winterübernachtung für wohnungslose Menschen in Frankfurt am Main Schnarchen. Husten. Einmal ein leises Stöhnen. Ansonsten: Ruhe. Als um 22 Uhr das Licht gelöscht wird, hat jeder der Männer seinen Schlafplatz eingerichtet mit einer Liegematte und einem Schlafsack. Am Kopfende steht meistens ein Rucksack, eingerahmt von zwei oder drei Plastiktüten. Am Fußende markiert eine grüne Kiste: Hier liegt jemand. Tagsüber ist sie Behältnis für den Schlafsack und Nachtutensilien. Jeden Abend holen die Männer sie aus dem Lagerraum im Keller der Tagesstätte des Caritasverbandes Frankfurt e.V.. Wo tagsüber bis zu 200 Männer und auch Frauen sich aufhalten, frühstücken, zu Mittag oder zu Abend essen, schlafen nun tagtäglich von Mitte November 2015 bis Mitte März 2016 wohnungsloseMenschen, bis zu 35Männer und 10 Frauen, in je eigenen Bereichen. Jeden Sonntag ist ein Kapuziner mit dabei Die Franziskustreff-Stiftung engagiert sich hier finanziell und personell. Da hier auch Gäste übernachten, die im Franziskustreff frühstücken, erhält der Caritasverband Frankfurt e.V. als Träger der Winterübernachtung neben dem Hauptzuschuss von der Stadt Frankfurt auch von der Franziskustreff-Stiftung eine finanzielle Hilfe. Damit dieses Angebot den Bedürfnissen der Gäste entspricht und gleichzeitig auch den Anforderungen einer guten Sozialarbeit gerecht wird, sind hauptamtlicheMitarbeiter für die Bedürftigen da. Ab 20 Uhr bauen sie die Tagesstätte zu einer Notübernachtungsstätte um, richten die Duschen im Keller her, überprüfen die Toiletten, trennen den Frauenbereich vomMännerbereich ab und bereiten die Teeausgabe vor. Ab 21 Uhr heißen sie die Gäste willkommen, überprüfen, ob sie angemeldet sind, wachen wähend der Nacht und stehen für Notfälle bereit. Jeden Sonntagabend ist in diesemWinter einer von fünf Brüdern aus der Kapuzinergemeinschaft Frankfurt Liebfrauen mit dabei als ehrenamtlicher Helfer für den Franziskustreff, sodass in dieser Nacht nur ein Hauptamtlicher eingesetzt werden muss. Ein friedliches Nachtlager Der Dienst beginnt um 21 Uhr. Die ersten Gäste treffen ein. Wer übernachten will, muss sich zuvor beim Franziskustreff oder in den Tagesstätten des Caritasverbandes dazu gemeldet haben. Anschließend geht es zur St. Elisabeth-Straßenambulanz. Dort geht es um Hygiene und medizinische Fragen. Wenn vonda das o.k. kommt, werdendieGäste in einer Gästeliste eingetragen, die es ihnen erlaubt, am Abend vorzusprechen und eingelassen zu werden. An diesem Abend sind es 24 Männer, und im Frauenbereich drei Frauen, die dieses Angebot annehmen. Die Atmosphäre ist freundlich und heiter. Viele kennenmich vomFranziskustreff.Wermich nicht kennt, wird von den Kollegen darauf hingewiesen, dass da heute einKapuzinerbrudermit dabei ist. Zeit Die Schlafmatten sind auch namentlich gekennzeichnet u FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 17 für Gespräche ist an diesem Abend wenig. Später gibt es bei den Frauen einen Konflikt zu schlichten, und bei den Männern behauptet einer recht laut, er habe immer diese eine Stelle zum Schlafen gehabt. Der hauptamtliche Helfer kennt solche Auseinandersetzungen schon, und als Neuling stehe ich eher dabei als dass ich eingreifenmuss. Ichbewundere die Ruhe,mit der dieseAufregung angegangenwirdund schließlich auch beruhigt werden kann: Jeder muss auf den anderen Rücksicht nehmen, jeder und jede ist an diesem Abend in der gleichen Situation, alle sind mit verantwortlich, dass diese nächtliche Gemeinschaft bietet, wozu sie eingerichtet wurde, nämlich ein friedliches und sicheres Nachtlager. Konflikte vermeiden. Oder beenden. Pünktlich um 22 Uhr werden die Lichter gelöscht, die letzten kommen noch vom Zähneputzen, ein Mobiltelefon klingelt und erinnert daran, dass nun alle nochmal nachsehen, dass es keine Störung gibt durch Anrufe in der Nacht. Fast hätte ich einen Nachtsegen gesprochen, aber das lasse ich jetzt und spreche leise für alle ein Nachtgebet. Um23Uhr und 0.30Uhr erfolgt einRundgang um die Tagesstätte. Der Kontrollgang ist auch als Signal für die Nachbarn notwendig. Noch längst nicht alle haben sichdaran gewöhnt, dass tagsüberwohnungslose Menschen kommen, geschweige denn nun dort notfallmäßig auch noch nächtigen. In dieser Nacht ist auch draußen alles ruhig. Sven, der Hauptamtliche, erzählt mir, dass dies nicht immer so ist. Wenn es gar nicht anders geht, muss auch schon mal die Polizei gerufen werden, was aber recht selten vorkommt. Jeder mit seinemNamen Um 5 Uhr eine erste Bewegung im Schlafsaal, die sich nach Packen anhört. Grußlos verlässt einer der Männer den Raumund geht, kurz danach eine Frau. Vielleicht scheuen sie die allgemeine Aufbruchstimmung, die entsteht, wenn um 6 Uhr die Lichter aufflammen und die Schlafenden wecken. Eine Stunde ist nun Zeit zur Morgentoilette und zum Packen der Sachen. ImKellerwerdendie grünenKistenwieder aufeinander gestapelt, die Schlafmatten aufgerollt und zusammengestellt. Jede Kiste hat einen Namen, ebenso jede Matte, ein schwacher Versuch, Privatsphäre zu wahren, aber dennoch ein wichtiges Signal an die Betroffenen. Liebe braucht Ordnung Um 7 Uhr verlassen die letzten Gäste den Übernachtungsraum. Viele gehen direkt zumFranziskustreff, wo sie mit einem reichhaltigen Frühstück erwartet werden. In der Bärenstraße heißt es nun, Tische stellen und Stühle, vorher fegen, die Toiletten durchsehen, und alles so bereitstellen, dass derMorgenbetrieb um 9 Uhr wieder aufgenommen werden kann in der Tagesstätte. Um7.45 Uhr dann Ende der Nachtschicht. Unspektakulär und wohlgeordnet. Ich bin zufrieden, dass es sich als richtig erwiesen hat, die Erfahrungen des Lebens im Kloster in die Konzeption dieses Angebotes aufgenommen zu sehen: Klare Regeln, persönliche Ansprache, Einladung an jeden persönlich, Wohlwollen zu üben. Die Winterübernachtung mag wenig nur an Hilfe für den Einzelnen sein. Eingebunden in die anderen Angebote, die der Franziskustreff macht und die anJeder Gast hat seine Nachtsachen in einer namentlich gekennzeichneten Kiste, die Abend für Abend aus dem Keller zum Schlafplatz getragen wird Weihnachten

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 18 derenEinrichtungen derWohnungslosenhilfe, nicht nur des Caritasverbandes in Frankfurt, ist sie ein wichtiger Baustein, den wohnungslosen Menschen zu zeigen, dass sie sich auf ihreMitmenschen verlassen können, gerade imWinter. Eine Wohltat von vielen für viele Der Franziskustreff, sein Frühstückstisch und die soziale Beratung kann nun auch Dank unseres Kooperationspartners diese Winterübernachtung für seine Gäste anbieten. Ohne die vielen Wohltäterinnen undWohltäter, die demFranziskustreff ihre Gaben spenden für die Menschen in Not, könnten wir uns dort nicht so engagieren. Der persönliche Beitrag, den die Kapuziner sonntags abends durch ihre ehrenamtliche Mithilfe einbringen, möge unsere Spenderinnen und Spender anfeuern, dem Werk von Bruder Wendelin weiter treu zu sein. „Live music now“ Stille. Staunen. Musik. Stille. Stille. Und Applaus. Seit über zwanzig Jahren schenkt LivemusicNow Frankfurt den obdachlosen und armen Gästen des Franziskustreffs und der Tagesstätten des Caritasverbandes Frankfurt e.V. zu Weihnachten und zu Ostern einen außerordentlichen Genuss. Dass zu den Feiern natürlich bestes Essen, ausgewählte Dekoration und gepflegtes Gespräch gehören, ist selbstverständlich. Doch dieses kulturelle Geschenk, dass junge Musikerinnen und Musiker denen machen, die sonst nicht hören, wie Klarinette und Harfe, Saxophon und Konzertflügel klingen: Dass berührt dieMänner und Frauen, die täglich um ihre Existenz bangen müssen und sich mit einer gewissen Trostlosigkeit durch den Alltag schleppen. Besonders dankbar nehmen sie an, wie sehr auch die Musikerinnen und Musiker auf sie eingehen: Sie natürlich ansprechen, Zugabe geben und eintauchen in diese besondere Atmosphäre, wenn Menschenmiteinander feiern, die sonst nur wenig zu feiern haben. ImHimmel würde musiziert und gesungen, sagenChristen. Die regelmäßigenKonzerte, die FrauWesterholt so treu für die Bedürftigen in unseren Einrichtungen organisiert, bringen etwas aus dieser Hoffnungswelt zu den Menschen. Danke, Live Music Now Frankfurt. t t u „Keiner soll hungern“ Renate Förster engagiert sich ehrenamtlich für die Essensausgabe beim Franziskustreff Ein Schluck heißer Kaffee und ein Biss von einem leckeren StückKuchen: einGenuss, der vor allemfür bedürftige Frankfurter jetzt in der Weihnachtszeit keine Selbstverständlichkeit ist. Aus diesem Grund lädt der Franziskustreff in der Liebfrauenkirche in der Innenstadt jeden Tag außer Sonntag zu einem ganz besonderen Frühstück ein. Besonders daran ist, dass es nur 50 Cent kostet und die Gäste sich dennoch satt essen dürfen. Wer hierhin kommt, der steht nicht auf der Sonnenseite des Lebens. Das weiß auch Renate Förster ganz genau. Mildtätiger Gedanke Die Vorsitzende der Hannelore Krempa-Stiftung setzt sich dafür ein, den mildtätigen Gedanken der 2002 verstorbenen Stifterinweiterzutragen. Aus dieu Partner

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 19 Partner semGrund hat sie bei der Frühstücksausgabemitgeholfen und die zuvor vorbereiteten Teller mit Käse, Aufschnitt und Konfitüre an die Obdachlosen, Behinderten und Hartz-IV-Empfänger gereicht. Ließ es die Zeit zu, lief Förster immer wieder durch die Reihen und versorgte die meist männlichen Personen mit Kaffee oder Kakao und von großzügigen Spendern zur Verfügung gestellten Kuchen nach Wunsch. Mir ist aufgefallen, wie zufrieden die Stimmung und wie dankbar die Menschen waren, berichtet die Sachsenhäuserin. Bis zu 200 Personen Bis zu 50 Bedürftige finden zeitgleich Platz in den Räumlichkeiten des Franziskustreffs. Insgesamt kommen bei einer Frühstücksausgabe sogar bis zu 200 Personen. Eine Dreiviertelstunde können die Bedürftigen höchstens bleiben, dann sind die nächsten an der Reihe. Ich würde schätzen, dass etwa jeder Dritte Deutscher ist. Die anderen Menschen stammen aus der gesamten Welt, etwa aus Somalia berichtet Förster, die seit 2003 der Hannelore Krempa-Stiftung vorsteht. Das persönliche Engagement von Renate Förster bei der Frühstücksausgabe ist bei weitem nicht alles, was sie mit der Stiftung ehrenamtlich für den Franziskustreff leistet. Um die Abläufe im Franziskustreff zu verbessern und vor allem zu vereinfachen, hat der Vorstand der Hannelore Krempa-Stiftung erst kürzlich eine Aufschnittmaschine für Wurst angeschafft für sage und schreibe rund 12 000 Euro. Zuvor haben wir bereits an die 30 000 Euro für die Sanierung der Räumlichkeiten und der Toilette sowie für die Anschaffung von neuem Inventar gespendet, sagt die zweifache Mutter, die mit der Stifterin befreundet war. Sie war es auch, welche der kinderlosen Hannelore Krempa empfahl, ihrVermögen einer Stiftung zu vermachen. Die Gesellschaft braucht unsere Hilfe, wir müssen ihr etwas zurückgeben, findet Renate Förster. Mix amMittwoch, 23. Dezember 2015 Renate Förster, Vorsitzende der Hannelore Krempa-Stiftung vor der Aufschnittmaschine, die von der Stiftung gerade rechtzeitig ermöglicht wurde, da die alte Maschine ihren Geist aufgegeben hatte t Renate Förster packt auch gern persönlich mit an

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 20 Ehrenamtliche Einen Taggemeinsam außer Dienst Wer im Franziskustreff ehrenamtlich mithilft, soll erfahren: Er ist nicht allein. Das merkt jeder im Dienst. Aber beim gemeinsamen Ausflug so vielen Gleichgesinnten zu begegnen, ist eine besondere Kraftquelle Heute bin ich unterwegs mit über 40 Ehrenamtlichen des Franziskustreffs. Wie auf www.franziskustreff.de beschrieben, sind jeden Tag vier bis fünf von ihnen ab 6.30 Uhr bei uns, um den Frühstückstisch für die armen und obdachlosen Gäste, die ab 7.45 Uhr kommen, vorzubereiten. Ab 7 Uhr frühstücken zunächst diese Helfer mit den Hauptamtlichen. Wenn ich mit dabei bin, spüre ich immer neu diese Kraft, die von denen ausgeht, die ihre Lebenszeit auch mit denen teilen wollen, die sich schämen wegen ihrer Situation und die das Gefühl haben, dass sie keiner beachtet in heutiger Zeit. - Unser Ausflug führt uns auf dem Main nach Eltville. - Gern übermittle ich Grüße an jene, denen wir heute Dank sagen im Namen unserer Gäste und derer, die mit ihren Spenden den Tisch decken helfen. Hat jemand ein passendes Wort für unsere Zeitspender und Zeitspenderinnen? Auf seiner Facebook-Seite hat Bruder Paulus vom Ausflug berichtet. Wir dokumentieren seinen Text, das Foto und die Reaktionen der Leser und Leserinnen. Bruder Paulus 9. Mai 2015

21 Ehrenamtliche FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 DBP: Schön, dass es solche Menschen gibt! Ich wünsche ihnen alles Gute und weiterhin gutes Gelingen! BDE: Diese Menschen sind wahre Engel - Streetworker Gottes! Ein herzliches Dankeschön! IL: Es ist erstaunlich, dass es noch solche guten Menschen gibt in der heutigen schlechten Gesellschaft. Ich danke allen dafür SF: Gottes Segen für Alle - die Helfenden und die Hilfe empfangenden. DB: VIELEN DANK Bruder Paulus ich wäre gerne dabei aber unserer Pfarrer bat mich heute um Hilfe auf der Pfarrei. Bitte sagen Sie einen lieben Gruß an die Regina und Gregor - Einen Schönen Tag EUCH ALLEN heute SB: Allen einen schönen Ausflug und ein supergrosses Danke schön! Der Name Streetworker Gottes ist genial KW: Liebe Grüße an die 40 Menschen, die man einfach gernhaben muss. MR: All diesen lieben Menschen, die so viel Gutes tun, wünsche ich, dass es jemand gibt in ihrem Leben, der ihnen das zurückgibt!! Am 09.05.2015 um 10:30 schrieb ES: Lieber Paulus, habe von 9h bis nun jedem Schiff aus meinem Sessel gewinkt was an mir vorüberzog.Vielleicht war ja euer Schiff dabei. Im Himmel jauchzen und musizieren tausende von Engeln in Chören. Hier auf Erden bei eurem Franziskustreff und den unglaublich guten Helfern jauchzen hunderte von Gästen für diese guten Taten ,wie sie versorgt werden. Für die Spender gibt es nur ein Wort: Danke und bitte weiter so,denn die Not wird überall immer größer. Ich habe versucht,Dir einen kleinen Gedanken von mir zu übermitteln. Vielleicht einen Gruß an die die ich kenne. Adam,Gregor, Regina, Marlen .....

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 22 Meditation

23 In der Flucht Welch großer Empfang Unterwegs - Eingehüllt In der Winde Tuch Füße im Gebet des Sandes Der niemals Amen sagen kann Denn er muß Von der Flosse in den Flügel Und weiter - Der kranke Schmetterling Weiß bald wieder vom Meer - Dieser Stein Mit der Inschrift der Fliege Hat sich mir in die Hand gegeben - An Stelle von Heimat Halte ich Die Verwandlungen der Welt - Nelly Sachs Flucht

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 24 Hauswirtschaft Hoffentlich nie notwendig, und doch wichtig zu wissen:Wie handhabt man eigentlich einen Feuerlöscher? Undwie war das nochmit der stabilen Seitenlage? – Drei Tage beschäftigten sich die hauptamtlichenMitarbeiterinnen undMitarbeiter des Franziskustreffs mit Fragen rund um Brandschutz und Erste Hilfe. Kompetent führte der Feuerwehrmann und Rettungssanitäter Johannes Kruetzkamp durch das Programm, das er auf die Bedürfnisse des Franziskustreff ausgerichtet hatte. Nach den drei Tagen können Gäste und ehrenamtlicheHelferinnen undHelfer im Franziskustreff auch in Sachen Brandschutz und Erste Hilfe SICHER sein. Die Fortbildung wurde gestiftet vom Schulungsleiter selber in seiner Eigenschaft als Präsident vom LAMA Germany Rhein-Main, Teil der gemeinnützig engagierten Latin American Motorcycle Association, die den Gästen im vergangenen Jahr schon ein Sommerfest in deren Clubräumen schenkte. Gern im Franziskustreff – aber SICHER! Ersthelferschulung für die Mitarbeiter des Franziskustreffs Originalton: „Die gesetzlichen Regelungen zielen vor allem auf das Vorbeugen der Entstehung und der Ausbreitung eines Brandes ab. Ebenso stehen die Rettung von Menschen und Tieren sowie die Sicherstellung von wirksamen Löscharbeiten durch die Feuerwehr im Vordergrund." Bleibt nur zu hoffen, dass die Vorbeugung wirksam bleibt ... Im Gemeindesaal Liebfrauen: Rechts Bruder Michael, in der Mitte der Schulungsleiter Johannes Kruetzkamp t u t

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 25 Sozialberatung Das Dinghinter dem Ding In der Reihe Kult(o)ur im Franziskustreff begaben sich Gäste und Mitarbeiter des Franziskustreff auf eine Zeitreise durch Epochen der Geschichte der Konsumgesellschaft bis ins Heute – und wurden auch selber aktiv Frau Leobold, regelmäßig zuGast imFranziskustreff, sagt „Danke“. Sie tut das auf ihreWeise. Jetzt ist sie inNot. Aber sie hat nicht vergessen, was sie kann. Deshalb lädt sie ein. Immer wieder. Diesmal: Wer geht mit, „In 80 Dingen um die Welt“ zu reisen? Da lassen wir uns nicht zweimal bitten. Und es beginnt eine Expedition. Gäste undMitarbeiter des Franziskustreffs melden sich an. Und dann folgt im Oktober 2015 ein Nachmittag voller Einsichten im „Museum für Kommunikation“. Die „Dinge“-Ausstellung hat es in sich. Sie beginnt mit dem 19. Jahrhundert. Jules Vernes schreibt von seiner „Reise um die Welt“. Frau Leobold kommt in Fahrt. Man merkt: Sie ist immer noch Lehrerin.Wir staunen: Dampflok, Telegraphie undElektrizität ließen dieWelt damals schrumpfen, zu einer Art des „viktorianischen Internets“, doziert unsere Reiseführerin, Grundlage der heutigen Globalisierung. Kindheitserinnerungen Für unsere Gäste besonders eindrücklich: Die Pioniere der damaligen Zeit erlitten Rückschlag über Rückschlag. Dennoch siegte letztlich ihr Enthusiasmus, und ihre Erfindungen setzten sich durch. Ihre Beharrlichkeit schuf die Grundlage für die Moderne. Puh, das war anstrengend. Wir hatten die Erde einmal umrundet. Aber es ging gleich weiter in die eigentümlichen Welten der heutigen Gesellschaft. Im historischen Museum tauchten wir ein in ein Sammelsurium von, ja, Dingen, von Alltagsgegenständen, die kaum mehr wahrgenommen werden, weil selbstverständlich, stets verfügbar, austauschbar, aufgebraucht und die weggeworfen werden, vergessene Dinge, Unscheinbares und für manchen Sammler Rarität, ja fast historisch. Wir sahen akribisch Gesammeltes, allerhand, was in unserer heutigen Zeit meist nach kurzer Benutzung schlicht nur noch die Reise in den Recyclingkreislauf antritt, falls, ja falls nicht ein findiger Künstler daraus geschickt Collagen fertigt, Kunstwerke oder Arrangements, die uns den Spiegel vorhalten. Just vor einer dieser eindrücklichen Installationenmehr oder weniger benutzter Zahnbürsten verschiedener Härtegrade kamdie Gruppe in ein angeregtes Gespräch und so manche Kindheitserinnerung wurde wach. Bei einer abschließendenTasse Kaffee imFranziskustreff verabredeten wir uns für die nächste Entdeckungsreise, um dem Ding hinter dem Ding auf die Spur zu kommen. Verdrängtes wahrnehmen Im MAK, dem Museum für angewandte Kunst, machte sich unsere Gruppe auf die Suche nach dem Verborgenen. Da sich unsere Fachfrau Frau Leobold auch hier wieder als äußerst gut vorbereitet erwies, wurden wir mutig und wagten den Schritt ins Ungewisse. Entdecken, Rätseln, Erstaunen, so manches Wissen aus der Gruppe, Ausprobieren und Hinterfragen brachte uns immer wieder auf Überraschendes, einiges blieb allerdings Geheimnis. So unterschiedliche Gegenstände wie eine Truhe, ein Pillendöschen oder einen Wandschirm verbindet die Tatsache, dass sie einen Raumdefinieren. Sie bieten immer ein Davor oder ein Dahinter, ein Darauf oder ein Darunter, sie können etwas zeigen oder verbergen. Das Geheime oder Verdrängte, das Unerwünschte oder Wertvolle verbirgt sich möglicherweise hinter einemWandschirm, in einem Koffer oder in einer kleinen Truhe. Eine Pillendose verweist durch eine filmische Projektion auf die Kulturgeschichte der weiblichen Hysterie und eine Schminkdose deutet auf den menschlichen Wunsch hin, mit Hilfe eines Gegenstandes selbst etwas zu kaschieren. Der Wechsel von Verbergen und Präsentieren, den Objekte durch Schubladen, Türen und Deckel dem Menschen ermöglichen, schafft wiederum Bühnen u

So konnte nach den beiden Veranstaltungen, die Frau Leobold, die regelmäßig zu Gast im Franziskustreff seinmuss, noch ein Schritt getan werden zu selbständigem Gestalten. Ursprünglich von ihr als Dank an den Franziskustreff gedacht, der sie unterstützt, hat sich daraus ein kultureller Zugang für Gäste und Mitarbeiter entwickelt, der auch eine völlig neue Form der Begegnung untereinander ermöglicht. Dies empfinden wir als großes Geschenk. Birgitta Spiller-Barbaric für weitere Gegenstände und Betrachtungen. Andere Objekte geben schließlich vor, nichts geheimzu halten , wie ein ausgestelltes Regal, überfüllt mit Büchern, so dass das Möbelstück als solches nicht mehr wahrgenommen wird, sondern ins Verborgene schwindet. Von diesen nahezu detektivischen und spannenden Ermittlungen inspiriert, beschloss die Gruppe, in 2015 ein eigenes Experiment zu wagen. Thema: Dinge. Eine Installation, eine Ausstellung vielleicht, oder eine Gruppenarbeit mit Gegenständen, die die Teilnehmer selbst mit einbringen. Was erzählt oder verbirgt dieses vermeintlich banale, offensichtliche Ding…oder gibt es da nicht eine Geschichte, die es zu erzählen, zu entdecken gilt. Viele Ideen sind entstanden. So kam imNovember unter Anleitung von Birgitta Spiller-Barbaric eine kleine Gruppe von Gästen des Franziskustreffs zusammen, um Dinge, die im eigenen Leben eine Rolle spielten oder spielen, in ein Kunstobjekt einzuarbeiten. Sie sollten in der künstlerischen Gestaltung lebendige Zeitzeugen von Leben und Alltag werden. Alle möglichen Dinge wie Zeitschriften, Farben, Kleber, Hammer, Nägel und Draht waren zusammen gekommen und warteten nun geduldig auf dem Tisch. Frei gestalten, der eigenen Regie trauen – intensiv machten sich die Teilnehmenden ans Werk. Schnell waren Zeit und alles Drumherum vergessen. Entstanden sind ganz unterschiedliche Kunstwerke, die vom Leben ihrer Schöpfer erzählen. FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 26 Sozialberatung Nicht immer erschloss sich dem Betrachter, was genau da gezeigt werden sollte Frau Leobold und einige Teilnehmer an der Führung durch „Dinge” … das kennen wir doch irgendwoher? t

27 „Eine andere Welt ist“ heißt ein anderes Werk einer unserer Gäste Vielfarbig, eine Hand: Ein Werk einer unserer Gäste FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 Sozialberatung Der Seele den Tisch decken Kritzeleien auf dem Papier, mit dem Finger in den Sand malen, Blumen arrangieren oder einen Kuchen garnieren – jeder Mensch kennt Momente, in denen er sich der Führung seiner Seele überlässt. Wir räumen unseren Gästen bewusst Zeiten ein, damit sie in Kontakt kommen mit der kreativen Kraft ihrer Seele. Manchmal gelingt es, dass sie an die durch ein Bild ersichtlich gewordenen Ressourcen anknüpfen können: Ein Gespräch entsteht, was ohne das künstlerische Tun nicht entstanden wäre, eine zarte heilsame Entwicklung kann sich so stabilisieren. Kunst spricht manchen unserer Gäste auf einer Ebene an, die schon lange brach lag. Wir geben ihnen eine ganzheitliche Möglichkeit, durch Betrachten von Kunstwerken, aber auch durch handwerkliches Erstellen eigener Werke, die eigenen Lebensthemen zu erfassen und zu verarbeiten. Auf diese Weise hoffen wir, dem einen oder anderen den Weg zu öffnen zu inneren Quellen, die oft reicher fließen wollen, als über lange Wegstrecken der Wohnungslosigkeit und Armut erfahren werden konnten. Der Franziskustreff deckt mit seinen Kunstprojekten den Tisch für die Seele. Wir wünschen uns nichts mehr, als dass sich unsere Gäste in ihrer Identität und Autonomie entwickeln, kreativ Wege zur Heilung suchen und so ihr Selbstvertrauen stabilisieren. Birgitta Spiller-Barbaric i

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 28 Sozialberatung „Ha’m Sie esgehört?” Birgitta Spiller-Barbaric erzählt, wie einem ein Stein vom Herzen gefallen ist Karl B. hatte im Sommer nach wiederholtem Streit sein Zuhause verlassen. Weg, einfach nur weg war der Gedanke. Es zog ihn in eine andere Stadt. Die EC-Karte hatte der Automat geschluckt. Mehrere Monate sind seitdem vergangen. Dann kam er nach Frankfurt. Irgendjemand auf der Straße hatte ihn auf den Franziskustreff aufmerksam gemacht. Da Herr B. keine 0,50 € zum frühstücken hatte, war ihm ein Gesprächmit der Sozialberatung angeboten worden. IndemGesprächwird schnell deutlich, dass Herr B. die Rentenzahlungen zunächst per Scheck regeln kann. Die Postadresse kann er fürs Erste in Liebfrauen bekommen. Als die erste Rentenzahlung eintrifft, kann Herr B. es erst gar nicht fassen „ha´m Sie es gehört?“ „Was denn?“ „Der Stein, der mir eben vom Herzen geplumpst ist!“. Zu Weihnachten ist Herr B. eingeladen, an den festlich geschmückten Frühstückstisch im Franziskustreff. Im Neuen Jahr sind weitere Gesprächsangebote vereinbart, bei denen es um die Regelung einer gesicherten Wohnsituation gehen soll. Alle, die uns mithelfen, die Tür offen zu halten, sindmitbeteiligt an solchen Begegnungen. Wunderbar! Danke! Überall trifft manBekannte Unverhofft kann ein Gast in einer Klinik Bruder Paulus um Hilfe bitten Heute Mittag. Ich besuche einen Bekannten in einer Fachklinik für Neurologie. Im Eingangsbereich treffe ich auchHerrnP.. Er winkt, ich gehe auf ihn zu. „Bruder Paulus!", und er beginnt zu weinen. Er ist Gast im Franziskustreff, verarmt, und hat einen zweiten Schlaganfall. Wir unterhaltenuns, so gut es geht. Unddann fragt er mich, ob ich ihm Geld geben kann. Meine Nachfrage ergibt: Er hat eine vom Amtsgericht bestellte Betreuerin. Er ist seit dem 10. Dezember in der Klinik. Sie hat ihn nicht besucht. Sie hat keinen Kontakt zu ihm gesucht nach dem Schlaganfall. Bin bestürzt. Frage am Empfang mit ihm, ob die Rufnummer der Betreuerin eingetragen ist in der elektronischen Patientenakte. Fehlanzeige. Wir gehen zusammen auf seine Station, fragen bei denPflegenden. Ja, sie hat dieMobilnummer, schreibt sie auf einen Zettel. Auf meine Nachfrage, warum sie nicht in der Patientenakte ist: Achselzucken. Herr P. ist froh, einen bekannten Menschen in der Klinik getroffen zu haben. Ich bin froh, dass ich einen Gast unseres Franziskustreffs gefunden habe, der offensichtlich hilflos in seiner Situation ist. Ich rufe die Mobilnummer der Betreuerin an. Mailbox. Bitte um Rückruf. Und um Besuch bei ihrem Schützling, der sich auch fragt, wer sich um seine Post imBriefkasten kümmert. Warte auf Rückruf ... Vielleicht morgen? u u t t

Xxxxxxxxxxxx Personen ingesamt 161 Frauen 22 Männer 139 FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 29 Wer kommt eigentlich zu uns? Für Bruder Michael und Birgitta Spiller-Barbaric war klar: An der bundesweiten Aktion der Wohnungslosenhilfe beteiligt sich der Franziskustreff natürlich auch. Für den neuen Leiter des Franziskustreffs war es das erste Mal, wirklich jeden Gast an diesem 19. November 2015 persönlich nicht nur zu begrüßen, sondern auch zu befragen. Für die Sozialpädagogin war es fast schon Routine, mit dieser Befragung zu einem guten Zahlenmaterial beizutragen, das den Wohlfahrtsverbänden in ihrer eigenen Planung, aber auch in der politischen Debatte fundiertes Argumentieren ermöglicht. Die Tabelle ist einerseits mit Vorsicht zu lesen. Es handelt sich um einen Tag im Franziskustreff. Andere Tage sehen anders aus. Andererseits zeigt sie jedoch auch, dass fast ein Drittel der Gäste ohne jede Unterkunft ums Dasein kämpft, und andererseits fast die Hälfte der Gäste zwar ein Zimmer oder eine Miniwohnung bewohnt, aber sich ein ausgiebiges Essen nicht leisten kann. Bundesweit wurde am 19. November 2015 in jeder sozialen Einrichtung erhoben, wer dort die Angebote wahrnimmt u Einkommenssituation ohne Einkommen/Betteln 41 Tagessatzauszahlung 0 Regelleistung nach SGB II 26 Regelleistung nach SGB XII 32 Rente 49 Arbeitslosengeld (SGB III) 3 Arbeitsprämie/1,- Euro Job 14 Einkommen 1. Arbeitsmarkt 3 Arbeit in Haft 0 Sonstiges (Familie,Ersparnis) 3 Unbekannt 21 Bis 17 28-21 22-27 28-35 36-40 41-45 46-50 51-55 56-60 61-64 >65 unbekannt 0 1 3 7 7 16 25 16 13 19 34 20 t Unterkunftssituation ohne Unterkunft/Platte 45 Notschlafstelle 3 Übernachtungseinrichtung 8 Anerkanntes Betreuen 2 Stationäres Wohnen 6 Gasthof/Pensionunterbrinung 2 Individualwohnraum 51 bei Bekannten 23 Strafvollzug 0 Sonstiges 1 Unbekannt 20

FRANZISKUSTREFF JAHRESBRIEF 2015 . 2016 30 Leitung Am Samstag, 17. Oktober 2015, hat Bruder Michael Wies seine Ewige Profess abgelegt. AmGottesdienst in der Kirche des Kapuzinerklosters in Münster/W. nahmen zahlreiche Brüder, Freunde und Bekannte des 33-jährigen teil, zusammen mit seinen Eltern undGeschwistern. ImwestfälischenCoesfeld geboren, trat Bruder Michael 2008 nach eineinhalbjähriger Postulatszeit in den Kapuzinerorden ein. Nach demNoviziat studierte er Sozialarbeit und Sozialpädagogik und schloss das Studiummit demDiplom ab. Besonders prägte Bruder Michael ein Jahresaufenthalt auf den Philippinen, wo er mit den Kapuzinern das Leiden der Bevölkerung dort nach den verheerenden Wirbelstürmen teilte. Sein letztes Ausbildungsjahr verbrachte er in Frankfurt am Main. Dort wird er ab dem 1. November 2015 die Leitung des Franziskustreffs übernehmen, dem Frühstücksraum für wohnungslose und arme Menschen mit dem Angebot der sozialen Beratung. Bruder Marinus Parzinger, Provinzial der Deutschen Kapuzinerprovinz, rief demNeuprofessen zu: Lass es dir genug sein, auf die Frage nach dem, wer du bist, zu antworten: Ich bin ein Kapuzinerbruder. Gegen eine Gesellschaft, in der sich die Menschen von ihrer beruflichen Rolle her definieren, lass es dir stets genug sein, an erster Stelle Bruder zu sein. Deine Freiheit finde immer darin, gebunden an Gott zu sein, der für dich sorgt wie eine gute Mutter, ein liebender Vater. Der Feier in der Kirche schloss sich ein brüderliches Fest an. Viele Gratulanten, darunter auch Bekannte aus den Philippinen und aus Afrika, überbrachten Bruder Michael ihre persönlichen Glückwünsche. Mit der Vesper um17 Uhr schloss ein brüderliches Fest der Freude über die Freiheit, die Gott dem schenkt, der sich fest an ihn bindet. Frei undgebunden Ewige Profess von Bruder Michael Wies Zur Erinnerung an den Professtag pflanzt Bruder Michael einen Maronen-Baum im Klostergarten in Münster/W. Eine große Zahl von Brüdern, Verwandten und Freunden von Bruder Michael nahmen an der Feier in der Kapuzinerkirche in Münster/W. teil Nach dem Versprechen bestätigten der Professbruder und zwei Zeugen mit ihrer Unterschrift das Geschehen. Rechts von Bruder Michael Bruder Romuald Hülsken, links Bruder Bernd Beermann. u t u u

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