Erinnerung an Bruder Wendelin

Zeichnung

Leben ist Begegnung. Br. Wendelin (Kreuzzeichen) 2010; Zeichnung Hetty Krist (2011)

11.04.2018, 3.50 Uhr

Beginn über die Erinnerung

Am 24. November 2017 begann ich meinen Pilgermarsch von Goldstein zum Liebfrauenberg. Es war ein Freitag. Wach geworden durch einen Traum. Nein, ich konnte ihn nicht „ abschütteln“. Tief in meiner Seele „aufgewühlt“ ging ich in aller Früh im Dunkeln los.

Irgendwann fand ich in der Bibel die Sprüche Salomons und an diesem Freitag auf dem Pilgerweg erinnerte ich mich daran:

Die Bußpredigt der Weisheit, Salomon 1.20-23 „Die Weisheit ruft laut auf der Straße und lässt ihre Stimme hören auf den Plätzen. Sie ruft im lautesten Getümmel, am Eingang der Stadttore hält sie ihre Rede: „Wie lange wollt ihr Unverständigen unverständig sein und ihr Spötter Lust zur Spötterei haben und ihr Toren die Erkenntnis hassen? Kehret um zu meiner Zurechtweisung! Siehe ich will euch meinen Geist strömen lassen, euch meine Worte kundtun!“ (3.59 Uhr)

4.11 Uhr

Nun machte ich mich auf den Weg. Dabei dachte ich an den Psalm 23 „Der gute Hirte“

1. Der Herr ist mein Hirte, mir wird nicht mangeln

6. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde beleiben im Hause des HERRN immerdar.

Ich kam zum Liebfrauenberg, besuchte den Gottesdienst. Schon zur Frühandacht war er gut besetzt. Und die Weisheit hatte ihren Platz gefunden.

Danach ging ich zum Frühstück nach langer Zeit.

Erinnerung

Ich, Bernhard, verbrachte meine Kind- und Jugendzeit in einem kleinen Bauerndorf in Norddeutschland/Niedersachsen.

Meine Wegstrecke führte mich über Göttingen, Tübingen, Würzburg, Heidelberg bis nach Frankfurt. Das war das Jahr 1991, als ich in Frankfurt einzog. Da entdeckte ich den Liebfrauenberg bei einem Rundgang, betrat den Innenhof: Kerzen brannten – Teelichter Stille. Da hörte ich eine freundliche Stimme. Ein Kapuzinermönch, war mein erster Gedanke! Was wollte er? Er lud mich ein zum Frühstücksraum. Viele Männer saßen dort in sich versunken. Still. Hungrig. Brot, Wurst, Käse wurde gereicht, dazu Kaffee, der auch mich aufwärmte. Für mich eine neue Erfahrung, eine neue Umgebung – ungewohnt. Und Br. Wendelin fand gute Worte für fast jeden. Seine Fürsorge, seine Umsicht gaben den Männern Vertrauen, sich hier nicht nur aufgehoben zu wissen, sondern auch mit ihren persönlichen Anliegen, sich an ihn zu wenden.

Ich sehe ihn noch vor mir. In seiner braunen Kutte – sein verschmitztes Lächeln – seine Augen blickten gütig. Natürlich musste er einige Worte wählen, die niemals verletzend, aber doch mit Bestimmtheit und mit Nachdruck auf soziales Verhalten gerade in dieser Gemeinschaft aufmerksam machten.

Sein Kinnbart begann zu dieser Zeit langsam zu sprießen. Und nun, heute am 11. April 2018, wo ich diesen Bericht schreibe, denke ich an all die Gespräche, die ich mit ihm führte.

Sein Bart wurde länger, wie ich auf dem Bild zu seinem Gedenken am 24. November 2017 in dem Frühstücksraum sah. Die Weisheit hatte wieder ihren Platz…

Ich erinnerte mich, wie ich gehört hatte, dass er in Münster in Westfahlen im Krankenhaus lag. Ich schrieb ihm damals einen Dankesbrief. Dann hörte ich von seinem Tod.

Ein wertvoller Mensch, der aus bescheidenen Verhältnissen kam. Bescheiden, gütig und - ja, auch weise – so habe ich ihn in Erinnerung.

Und heute gehe ich öfters frühmorgens zur Frühmesse, um anschließend in der Gemeinschaft zu frühstücken.

Es hat sich Einiges verändert. Die Räumlichkeiten sind wieder „aufgemöbelt“. Freundlich helle Farben, neue Tische/Bestuhlung. Aber was mir wichtig erscheint: die Menschen – die Gäste, auch nun Frauen anwesend, sind offen, nicht mehr im Scham versteckt. Sie führen miteinander gute Gespräche. Ja, zum Teil entwickeln sich Freundschaften. Dazu muss man wissen: nicht nur das Sommerfest sondern auch die Gespräche, die die Liebfrauengemeinde anbietet im Turmzimmer, auch die Weihnachtsfeier, an der ich zweimal teilnahm, bilden eine wahre warme Idylle. Und auch der Gutschein zu Weihnachten, wie die Schals, Handschuhe, warme Kleidung auch neues Schuhwerk aus dem Hause Salamander ist für uns alle ein „Geschenk des Himmels“.

Danken möchte ich dem neuen Br. Michael, der im Geist von Br. Wendelin dieses Angebot weiterführt.

Danken möchte ich den Mitarbeitern sowie den ehrenamtlichen Helfern für ihre Aufmerksamkeit und Freundlichkeit. (5.05 Uhr)