Mit Kapuze und ganz vielen „Hüten“

14.11.2025
Wie schon zu Wendelins Zeiten: Im Franziskustreff werden die Gäste morgens persönlich begrüßt.
Beim anschließendem Empfang im Gemeindesaal des Liebfrauenklosters hatten die geladenen Gäste bei kleinen Häppchen die Gelegenheit dem Jubilar ihre Glückwünsche zu überbringen sowie sich auszutauschen.

Franziskustreff feiert mit Bruder Michael Wies
10 Jahre Einrichtungsleitung

Bruder Michael Wies kam im westfälischen Coesfeld zur Welt. Mit 24 Jahren startete er als Kapuziner im Postulat in Olten in der Schweiz. Zu Beginn seines Noviziats in Salzburg legte er den Habit mit der für den Orden charakteristischen Kapuze an. In franziskanischen Gemeinschaften wie bei den Kapuzinern ist es üblich, dass die Ordensleute nach einer gewissen Zeit zur nächsten Einsatzstätte weiterziehen. So hatte auch er schon viel von der Welt gesehen, als ihn 2014 der Provinzial des Ordens schließlich nach Frankfurt ins Liebfrauenkloster entsendete.

Den „Hut“ aufhaben

Dort sollte er länger als üblich bleiben: Seit nunmehr 10 Jahren hat Bruder Michael Wies als Leiter des Franziskustreff „den Hut auf“ - wie er selbst immer so schön sagt. Dieses Jubiläum wurde nun im kleinen Rahmen würdig gefeiert. Zur Feierstunde in der Liebfrauenkirche fanden sich Gäste des Franziskustreffs sowie zahlreiche Wegbegleiter aus dem Netzwerk der Frankfurter Wohnungslosenhilfe ein. Seitens des Kapuzinerorderns waren der Provinzial und Brüder aus dem Konvent zugegen aber auch Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Stadtgesellschaft.  Wohltäterinnen und Wohltäter, Freunde und Haupt- und Ehrenamtliche des Franziskustreffs, der gleichnamigen Stiftung und der Tochtergesellschaften begleiteten ebenso den Festakt zum Jubiläum.

Was genau auf dem Programm stand, das sollte für Bruder Michael eine Überraschung sein. Neben dem Altar stand ein Tisch mit fünf Stühlen. So eingedeckt, wie er morgens für obdachlose und arme Menschen im Frühstücksraum des Franziskustreffs vorbereitet wird. Bruder Paulus Terwitte nahm zu Beginn daran Platz und eröffnete den Abend feierlich als Vorstandsvorsitzender der Franziskustreff-Stiftung mit einleitenden und wertschätzenden Worten an Bruder Michael und die geladenen Gäste.

Und nach und nach setzten sich weitere Kolleginnen und Kollegen dazu. Stellvertretend für die Stiftungsbereiche in denen Bruder Michael sich in seiner Zeit in Frankfurt für Mitmenschen in Not engagiert hat. Die Aufstellung führte den Gästen bildlich vor Augen: in seiner Dienstzeit kamen für Bruder Michael neben dem „Hut“ als Leiter des Franziskustreffs  weitere „Hüte“ hinzu. Denn im vergangenen Jahrzehnt entwickelte und vergrößerte er gemeinsam mit dem Team das Hilfsangebot für obdachlose und von Armut betroffene Menschen weiter. Ganz im Sinne des Gründers Bruder Wendelin Gerigk (†2010): Zugewandt und pragmatisch orientiert an der Lebensrealität von Menschen, die auf der Straße leben.

Stellvertretend für das Team der Hauswirtschaft richtete Thomas Koch, Geschäftsführer der Stiftung, Worte des Dankes an Bruder Michael. Dann folgte ihm der langjährige Ehrenamtliche Manfred an den Tisch und erzählte, wie für ihn alles einmal begann: Von seinem ersten Treffen mit Bruder Michael bei der Ehrenamtsmesse, die jährlich von der Stadt Frankfurt im Römer veranstaltet wird. Und dem langen Gespräch dort, bei dem Manfred schnell klar wurde: „Der Franziskustreff ist der richtige Ort für mich.“ Seitdem serviert der pensionierte Staatsanwalt jeden Montag von Obdachlosigkeit und Armut betroffenen Mitmenschen im Franziskustreff bunt belegte Teller nach Wahl. Schenkt dampfenden Kaffee und Tee aus, woran die Gäste gerade in der kalten Jahreszeit Herz und Hände wärmen können. Neben der Hingabe Menschen in Not zu helfen, rührt die Verbundenheit zwischen Bruder Michael und Manfred auch aus einer anderen gemeinsamen Leidenschaft: Fußball! Und wie Manfred haben auch viele andere Ehrenamtliche des Franziskustreffs einen guten Draht zu Bruder Michael. Sie sitzen am Jubiläumsabend in den Reihen der Kirchenbänke und verfolgen gespannt, wer nun am gedeckten Tisch in der Liebfrauenkirche noch zu Wort kommen sollte.

Doppelt Spitze

Aus Sicht der Geschäftsführung berichtete Thomas Koch den Gästen wie vor 3 Jahren Bruder Michael einen weiteren „Hut“ aufgesetzt bekam. Bruder Paulus, der die Stiftungsgeschicke bis dahin geführt hatte, wurde nach München versetzt. Bruder Michael übernahm fortan als Doppelspitze die Geschäftsführung der Franziskustreff-Stiftung gemeinsam mit Thomas Koch. Dieser hob vor allem die vertrauensvolle Zusammenarbeit hervor, bei der für Bruder Michael immer die Bedürfnisse der Gäste des Franziskustreffs und deren Schutz an erster Stelle standen. „Du hast dafür gesorgt, dass die Franziskustreff-Stiftung einen festen Platz am Tisch der Wohnungslosenhilfe hat, sodass wir gemeinsam und in Ergänzung dazu weitere wichtige Angebote für arme und obdachlose Menschen in Frankfurt begleiten und fortentwickeln konnten – mit einem engagierten, hingebungsvollen ehrenamtlichen und hauptamtlichen, multikulturellen Team.“   

Von der Straße in ein eigenes Zuhause

Mit an den Tisch wurde dann Lars Volkmann gebeten, der als ehrenamtlicher Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Main-Weg gGmbH vorsteht. Diese für Frankfurt erste Housing First-Initiative wurde 2022 gegründet. Der Impuls dazu kam von Br. Michael, der neben dem Frühstück und der Sozialberatung das Thema Wohnen als zusätzlichen Schwerpunkt des Hilfsangebots definierte. Die Sozialarbeitenden der MainWeg gGmbH bringen Vermieter und obdachlose Menschen zusammen, sodass jene, die gestern noch auf der Straße schliefen, heute einen Mitvertrag und Wohnungsschlüssel bekommen. Bedingungslos. Dabei waren die Zeiten für eine solche Gründung gar nicht ideal: Die Pandemie war gerade überstanden. Mit dem Beginn des Ukrainekrieges verschärfte sich die Bauflaute und der generelle Mangel an bezahlbarem Wohnraum vor allem in Ballungszentren wie Frankfurt. Und auch in den Köpfen der Vermieter galt es Vorbehalte und Berührungsängste zu überwinden, damit obdachlose Menschen ihren Weg vom Leben auf der Straße finden können. Mittlerweile ist das für 16 ehemals obdachlose Menschen gelungen. Sie haben wieder eine Wohnung. Leben nun in Sicherheit. Richten ihr Leben neu aus. Eng begleitet von nur einem kleinen Team aus einer hauptamtlichen Sozialarbeiterin und zwei Sozialarbeitern.

Arbeit als Perspektive

Im Frühjahr 2025 öffnete sich dann mit der Franziska-Werkstatt eine weitere Tür für Menschen, die der Teufelskreis: „Keine Arbeit – keine Wohnung. Keine Wohnung – keine Arbeit.“ gefangen hält. Auch bei dieser Gründung war Bruder Michael federführend. Hat den „Hut“ auf als ehrenamtlicher Geschäftsführer. Auf dem Tisch in der Kirche brennt eine Kerze als Symbol des Lichtes und der Hoffnung, dass dieses neue und bisher in dieser Form einzigartige Hilfsangebot bedeutet: Die Kerzenwerkstatt richtet sich an Menschen, die zu regulären Beschäftigungsmöglichkeiten keinen Zugang mehr haben und begleitet sie mit intensiver Unterstützung durch einen Sozialarbeiter Schritt für Schritt zurück ins Berufsleben. Ein Teilnehmer hat über das Stufenprogramm der Werkstatt seinen Weg zurück ins Arbeitsleben geschafft: Ist seit kurzem festangestellt bei einem Frankfurter Unternehmen. Sein Beispiel ist Motivation und Hoffnung für alle, die auch diesen Schritt wagen und das ganze Team.

Bewusstsein schaffen – Vorurteile abbauen

Als studierter Sozialarbeiter setzte sich Bruder Michael auch mit dem Team der Sozialberatung des Franziskustreffs für die Gäste ein. Svetlana Strojan bedankte sich in ihrem Redebeitrag am Tisch herzlich für Bruder Michaels tatkräftigen Einsatz. Aber auch im Namen des Teams, das bei all den alltäglichen Herausforderungen stets Halt und Unterstützung bei ihm fand. Sie hob besonders seine Bemühungen hervor, Kindern und Jugendlichen das Thema Obdachlosigkeit nahe zu bringen um so Vorurteile und Berührungsängste abzubauen.

Und er trug die Botschaft auch immer wieder in die Welt der Erwachsenen hinein. So wie schon Bruder Wendelin schuf Bruder Michael Sichtbarkeit und Bewusstsein für die Not obdachloser und armer Menschen in Politik und Stadtgesellschaft Frankfurt. Mit dem einen wichtigen Ziel: zu helfen ihre Lebenslage wirksam und nachhaltig zu verbessern. Bei Veranstaltungen war er gern gesehener Gast. Suchte immer wieder das Gespräch und Kontakt mit jenen, die strukturelle Verbesserungen ermöglichen können.

Die Hilfe im Franziskustreff beginnt mit einem geschützten Ort, an dem man verlässlich und in Würde ein leckeres Frühstück bekommt. Wenn man mag, auch unmittelbare, bedarfsorientierte Hilfe in Anspruch nehmen kann. Aber auch unter Menschen sein und an gesellschaftlichem Leben teilhaben darf, vor allem auch was Teilhabe an Bildungsangeboten betrifft: Die Straßen-Uni - ein gemeinsames Projekt der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, der Katholischen Erwachsenenbildung und der Franziskustreff-Stiftung ist ein solches Format. Es eröffnet  obdachlosen und wohnungslosen Menschen in Frankfurt ein kostenloses, zweckfreies Bildungsangebot mit wissenschaftlichen Vorträgen zu den wirtschaftlichen, gesellschaftspolitischen, aber auch gesundheitlichen Themen.

Viel erreicht und noch viel vor

Dieses kleine Tisch-Gleichnis hielt den Anwesenden und auch Bruder Michael selbst noch einmal bildlich vor Augen: Das alles haben er und die haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden erreicht.  Direkte und konkrete Hilfsangebote für Menschen, die in unserer Gesellschaft meist vergessen am Rand stehen. Nicht zuletzt dank der Wohltäterinnen und Wohltäter, die diese Vision teilen.

Jetzt spenden.

Mit dem Jahreswechsel 2025/2026 steht nun aber für Bruder Michael auch einmal wieder ein Wechsel an. Er verlässt Frankfurt. Der Provinzial der Deutschen Kapuzinerprovinz entsendet ihn nach Altötting.

Die Kapuziner haben Bruder Michael Masseo Maldacker nach Frankfurt berufen, um sich fortan mit dem Franziskustreff für obdachlose und arme Menschen einzusetzen. Dort unterstützte er bereits während seiner Ausbildungszeit in der Hauswirtschaft. Das Team im Franziskustreff und der gleichnamigen Stiftung heißt ihn herzlich willkommen.