Die Unsichtbaren – Obdachlosigkeit von Frauen

Etwa ein Fünftel der täglich bis zu 180 Gäste im Franziskustreff ist weiblich. Obdachlos sein ist für Frauen besonders belastend und gefährlich. Viele wohnungslose Frauen leben in Abhängigkeitsverhältnissen, um nicht auf der Straße zu landen. Viele verheimlichen ihre Situation aus Scham. Und schlagen sich mit Couchsurfing bei Freunden, Verwandten und Bekannten durch. Weibliche Obdachlosigkeit findet versteckter statt. Im öffentlichen Raum sind Frauen weniger sichtbar als Männer, weil sie sich anders verhalten.

„Ich war in der Situation körperlich anwesend, aber nicht mehr vom Kopf her. Es war, als ob nicht mir die Gefahr begegnen würde.“
Janita Marja Juvonen

Janita Marja Juvonen war 14 Jahre, als sie erst wohnungslos wurde. Zwei Jahre später: obdachlos.

 

Was das Leben ohne Wohnung für Frauen besonders schwer macht, das erfährt auch unsere Sozialarbeiterin in ihren Beratungen. Sie begleitet alle Gäste, die um Hilfe bitten. Unterstützt sie auf ihrem Weg zurück in die Gesellschaft. Schritt für Schritt nach vorn. Im eigenen Tempo. Im Rahmen ihrer individuellen Möglichkeiten. Im besten Fall in ein neues Leben mit einem sicheren Zuhause.

In ihrer Not gehen Frauen häufig Zwangsgemeinschaften ein, um der Straße zu entfliehen. Oder sie leben in unzumutbaren Wohnverhältnissen. Viele von ihnen harren in Gewaltbeziehungen aus oder gehen neue Beziehungen ein, um einen Schlafplatz zu bekommen.

Wohnungslosen Frauen mangelt es nicht nur an einer sicheren Unterkunft. Sie leben in Armut und leiden unter gesundheitlichen Problemen. Suchterkrankungen und psychische Traumata sind häufige Begleiterscheinungen. „Weder die Einrichtungen der Suchthilfe noch psychiatrische Angebote werden dem Unterstützungsbedarf dieser Frauen derzeit gerecht. In der Wohnungslosenhilfe gibt es nur an wenigen Orten frauenspezifische Einrichtungen, die Kapazitäten reichen bei weitem nicht aus.

Gemischtgeschlechtliche Gemeinschaftsunterkünfte stellen, insbesondere für gewaltbetroffene wohnungslose Frauen, eine nicht akzeptierbare Hürde dar“, stellt auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. fest. (Quelle: Frauen in Wohnungsnot – bagw.de)

Was bedeutet es für Frauen, kein Zuhause zu haben?

Bilder und Geschichten eines unbekannten Alltags: bewegend, authentisch – und hoffnungsvoll.

Janita hat 14 Jahre auf der Straße gelebt. Das ist glücklicherweise lange her. Sie spricht darüber, offen und aktiv. Auch bei uns im Franziskustreff.

„Glück ist für mich, dass ich die Wahl hab‘ in dem, was ich tue. Dass ich darin frei bin. Glück ist aber auch für mich, abends ins Bett gehen zu können.“
Janita Marja Juvonen

„Ich hätte mir gewünscht, dass man mich als Mensch wahrnimmt,“ sagt sie mit Blick auf die schwere Zeit auf der Straße.

Obdachlosigkeit ist weiterhin Teil ihres Lebens. Aber bestimmt es nicht mehr. Heute teilt Janita ihr Geschichte. Sie zeigt Interessierten die Welt aus der Perspektive obdachloser Frauen. Mit ihrem ersten Buch: „Die Anderen – die harte Realität der Obdachlosigkeit“. Sie besucht Schulen, um Wissen zu vermitteln. Gibt Obdachlosigkeit ein Gesicht, mit Führungen an „ihre“ Orte. Mit ihrer Arbeit verschafft sie denen mehr Gehör, die zu wenig oder gar nicht gehört werden. Die weniger sichtbar sind: obdachlose Frauen.

Janita hat den Franziskustreff besucht und mit uns darüber gesprochen, wie sie in die Obdachlosigkeit geriet. Was sie damals gebraucht und sich gewünscht hätte. Und was schließlich für sie den Wendepunkt bedeutet hat. Im Film erzählt sie von ihren Schritten nach vorn, zurück in die Gesellschaft. Und über die Bedeutung von bedingungsloser Menschlichkeit und Nächstenliebe für Menschen in Not.

 

Danke, liebe Janita! Für Deine Offenheit und Deinen unermüdlichen Einsatz für und gemeinsam mit obdachlosen Menschen.